Der FIFA – Fußball als Dystopie

Pferd

Illustration: Amrei Fiedler

Übersetzung: Sarah Lempp, Camilla Elle

Unter den sportlichen Großereignissen wird die aktuelle WM aufgrund der außergewöhnlichen Welle des Protests in die Geschichte eingehen. Dass es dabei ausgerechnet um Fußball geht und dass die Proteste in Brasilien stattfinden – dem Land des Fußballs schlechthin – zeigt, dass die breiten Mobilisierungen gegen die Fußball-WM 2014 ein wichtiger Meilenstein sind, um die Dominanz der Eliten herauszufordern. Diese befolgen keineswegs die Regeln des Fairplay und haben dieses Mal die Ideologie des Sports gewählt.

Seit seiner Entstehung und noch bis vor einigen Jahrzehnten behielt der Fußball sein eigenes Narrativ bei: im einfachen Volk verankert, proletarisch, arm und allgemein zugänglich, demokratisch. (Ein einzigartiges Beispiel ist die erstaunliche Demokratie von Corinthians: eine Bewegung für die Selbstverwaltung der berühmten Mannschaft des brasilianischen Fußballklubs Corinthians São Paulo, durch die – mitten in der Militärdiktatur! – Spieler, Trainer und Funktionäre gleiches Stimmrecht bei allen Entscheidungen hatten.)

In dem Film „Der Reisende“ zeigt der Regisseur Abbas Kiarostami einen Jungen aus einem iranischen Dorf am Ende der Welt, der versucht, irgendwie genügend Geld zusammenzukratzen, um nach Teheran zu fahren und dort ein Fußballspiel zu besuchen. Der Film zeigt ein Abenteuer voller Gaunerei und Überlebenskunst eines kleinen Jungen von elf Jahren, der unbedingt in die Hauptstadt kommen und ein Ticket für einen der billigsten Stehplätze kaufen will. Mit dem Ticket in der Hand und vor Glück strahlenden Augen stellt der Kleine fest, dass ihm noch Zeit bleibt, um im Stadion ein Mittagsschläfchen zu machen und sich von der 500 Kilometer langen Fahrt zu erholen. Als er aufwacht, ist seine Utopie bereits vorbei und das Stadion leer.

In der Form, wie er im Alltag gelebt wird, stellt Fußball immer noch die ungefährlichste Art von Fanatismus dar (und ist weit entfernt von den perversen Konsequenzen anderer Massenideologien wie Religion, Nationalismus oder Politik). Wie es so schön in der Erzählung „O Torcedor“ („Der Fußballfan“) des brasilianischen Schriftstellers João Antônio geschieht, kann die Gewalt nach einem Spiel schnell damit enden, dass die Rivalen gemeinsam im selben Polizeiauto landen und sich Seit’ an Seit’ im Schatten des Gegners ausruhen. Nur eine Handvoll mächtiger und fanatischer Männer, vertraut mit der List der Ausbeutung, konnte den Fußball mit dem herrschenden Zeitgeist (des Multi-Profits) ausstatten und in ein destruktives Spektakel verwandeln.

FIFA: Walt Disney für Erwachsene

Vom Beginn der Megaproduktion der WM bis zu den Olympischen Spielen 2016 werden in Brasilien schätzungsweise mindestens 170.000 Personen von Zwangsräumungen betroffen sein. (In Deutschland entspräche das proportional gesehen 70.000 zwangsgeräumten Personen.) Alleine in Rio de Janeiro droht 130 Favelas der Abriss: Aldeia Maracanã, Vila Autódromo, Horto, Vila das Torres, Ocupação Flor do Asfalto, Restinga no Recreio und Metro Mangueira sind nur einige der Gemeinden, die bereits die Willkür des FIFA - Gesetzes zu spüren bekamen. Darüber hinaus ist eine Reihe von Favelas durch das Projekt Porto Maravilha betroffen – die größte öffentlich-private Initiative Brasiliens, in deren Zuge die Hafengegend „revitalisiert“ werden soll. Seine Rolle als Walt Disney für Erwachsene erfüllt der multinationale Unterhaltungskonzern FIFA nur im Fernsehen …

Die Fußball-WM war immer ein Trumpf in der Hand der Mächtigen um politische Legitimation zu erlangen, ein wirksames Instrument der Ideologie des nationalen Konsens, eine Berechtigung, öffentliche Gelder in die Hände von Magnaten umzuleiten, eine Erlaubnis für private Unternehmen, Ausnahmeprofite einzustreichen, ein materielles und symbolisches Spektakel für den Zusammenhalt der Eliten und die Sicherstellung ihrer Wiederwahl.

Aber heutzutage genügen der Profit und der wirtschaftliche Ausschluss nicht mehr, um den Vormarsch des Kapitalismus zu normalisieren. Die Kriminalisierung von Armen, Schwarzen und Favela-Bewohnern ist unverzichtbar für eine Politik der Segregation, um auf diese Weise die Grenze zwischen den Bereichen des Ausschlusses und der gesellschaftlichen Integration zu ziehen und zwischen den Zonen der Kontrolle und jenen des bedingten Libertarismus zu unterscheiden.

Tatsächlich sind in Rio de Janeiro die Bewohner jener Favelas, die ökonomisch am stärksten ausgeschlossen sind, gleichzeitig diejenigen, die am meisten in die staatlich verordnete Sicherheitslogik integriert sind, indem sie unter permanente polizeiliche Vormundschaft und Überwachung gestellt wurden (durch die berühmten UPPs-Polizeieinheiten zur Befriedung). Das brasilianische Modell der UPPs wird zu einem Sicherheitsparadigma, das sich in Gebiete exportieren lässt, wo die politische und wirtschaftliche Macht Prozesse der Kontrolle und Gentrifizierung sowie die Segregation zwischen den Klassen durchsetzen will. Auf diese Weise verlässt das Panopticon die Sphäre der Unternehmen oder der Videoüberwachung in den vornehmen Stadtzentren und dringt in Form von Robocops in die Wohngegenden ein sowie in den Freizeitbereich und das Privatleben Tausender Menschen.

Die Befriedungspolizei ist ein wesentliches Element der aktuellen Strategie staatlicher und klassistischer Verwaltung in Rio de Janeiro. Zwar spitzte sich das Ausmaß der Kontrollstrategie durch die Großereignisse zu (die mit den Panamerikanischen Spielen von 2007 und den Militärweltspielen von 2011 – beide in Rio de Janeiro – begannen). Doch bereits zuvor gab es neue Verwaltungsformen der Regierung des Bundesstaats Rio de Janeiro (den seit 2006 Sérgio Cabral Filho regiert) und der Stadt Rio de Janeiro (wo seit 2006 Eduardo Paes Bürgermeister ist), welche die grundlegendsten Taktiken der Kontrolle und Unterwerfung der Bevölkerung prägten:

– die Bekämpfung des informellen Straßenhandels, der unabdingbar ist für den Lebensunterhalt von Favelabewohnern und extrem Prekarisierten

– die Wiedererlangung der polizeilichen Kontrolle über Gebiete, die zuvor durch Drogenhändler kontrolliert wurden

– Projekte zur städtischen Revitalisierung, etwa in der Hafenzone von Rio de Janeiro, mit denen Zwangsräumungen gerechtfertigt und die Re-Segregation des städtischen Raums durchgesetzt wurden

– die Freizügigkeit gegenüber der massiven Präsenz von Drogen wie Crack und, in jüngster Zeit, OXI, die zur Legitimation von Sicherheitskontrollen dient

– das Verbot öffentlicher Festversammlungen wie dem Baile Funk

(Die Parallelen zu den Praktiken der FIFA im Vorfeld der WM 2010 in Südafrika oder des Internationalen Olympischen Komitees bei der Olympiade in London sind offensichtlich – siehe die Artikel von Federico Corriente und Marc Perelman)

Auch ist es kein Zufall, dass es ein erhöhtes wirtschaftliches und touristisches Interesse an den Gebieten gibt, in denen jene Favelas liegen, die zur Zielscheibe der Befriedung wurden (die Postmoderne hat nun auch die Polizeiministerien erreicht). Die staatliche und städtische Strategie sowie die Taktik der UPPs sind lediglich ein weiterer Prozess der sozio-ökonomischen Säuberung: eine beschleunigte Gentrifizierung, die mit den Großereignissen WM und Olympia eine erdrückende Dimension angenommen hat. Die Polizei handelt unter einer Art nicht erklärtem Ausnahmezustand: Sie dringt in Wohnungen ein und zerstört die heimlichen Licht- und Wasserleitungen, was eine drastische Steigerung der Lebenshaltungskosten zur Folge hat und die armen Bevölkerungsschichten dazu zwingt, die Gegend zu verlassen. Im Süden von Rio de Janeiro werden Hütten zur Zeit zu erhöhten Preisen verkauft oder vermietet, während die Stadt gleichzeitig ein zuvor nicht vorhandenes Kanalisationssystem errichtet. Hinzu kommen polizeiliche Willkür, Rassismus, Folter an Häftlingen und die Gewalt, die im Namen dieser von den Behörden ausgerufenen Befriedung angewandt werden, unterstützt durch Legislative und Judikative.

Auch wenn die institutionelle Repression in ganz Brasilien vorhanden ist, sehen die Mächtigen vor allem in den Mega-Cities die Notwendigkeit, eine soziale und kulturelle Trennung durchzusetzen. Außer in Rio de Janeiro hat der Repressionsapparat sein willkürliches Gesetz u.a. auch in São Paulo angewandt, z.B. in Cracôlandia (einer Region, die für die Immobilienspekulation von großem Interesse ist, weshalb Drogenabhängige, Obdachlose, Straßenkinder und Müllsammler von dort vertrieben wurden), gegenüber den Demonstranten von „Não Vai Ter Copa“ („Es wird keine WM geben“) sowie gegenüber den Jugendlichen aus der Peripherie, die mit ihren berühmten „Rolezinhos“ die Shopping-Malls im Zentrum besetzten.

Die bloße der Gewalt der einfachen Existenz

Das fiktionale und technische Narrativ von der Hoffnung und der Zukunft der Menschheit gibt vor, gegen die Weltmeisterschaft zu sein, hieße gegen die Entwicklung Brasiliens zu sein. Das ist der gleiche Kunstgriff, den der Diskurs der Macht, der den Belo Monte-Staudamm in Altamira am Xingu rechtfertigt, anwendet.

Tragischer ist aber noch zu erkennen, dass die dominanten Kräfte das Leiden der Bevölkerung zur Perpetuierung der Armut verwenden und dieser Bevölkerung gleichzeitig das programmierte Glück als eine Medizin verkaufen.

Die Favela-Bewohner (und teilweise auch die indigenen Völker und Mestizenpopulationen) sind gezwungen, in einem Kriegszustand zu leben. Stets bedroht, in einer Art ewigen Lebensaufgabe diesen Raum sozialer Kontrolle im Kampf um die Menschlichkeit zu verteidigen. Sie leben in Echtzeit unter den Bedingungen von Flüchtlingen, die keinen Platz in der offiziellen Geschichtsschreibung haben.

Eine Erkenntnis, die die Radikalisierung der kapitalistischen Kräfte zeigt. Wo in einigen Gesellschaften bis vor etwas mehr als einem Jahrhundert der Besitzer den Ausgebeuteten noch Wohnraum bot, zeigt sich der Bereich des Wohnens – eines primären menschlichen Bedürfnisses – heute von Vorgehensweisen geprägt, die das Äußerste in Kauf nehmen: Kapitalbesitzer garantieren durch die Bezahlung des Lohns nunmehr weder die Versorgung mit den Grundbedürfnissen noch ein Dach über dem Kopf. Vielmehr sind sie im Namen der Geschäftsexpansion sogar bereit, eine Politik zu praktizieren, die die Vertreibung und den Ausschluss vom Recht auf Stadtraum und sogar die physische Eliminierung bedeuten kann.

Die Freiheit eines Favela-Bewohners, eines Schwarzen oder eines Armen ist kein Mythos. In einer Welt, in der man keine Zeit hat, sich von der Vorstellungskraft (der fremden Ideologie) zu nähren, bedeutet Freiheit nicht jenes Versprechen, das man uns allerorten macht. Die Freiheit ist hier immer die bloße Gewalt der einfachen Existenz.

Resigniert und träge, machen wir, die wir „weiß“ sind und aus der Mittelschicht kommen, uns noch keine Vorstellung. Haben nicht die leiseste Ahnung davon, dass wir, wenn wir im Schlafe verharren, ohne Aufschub diese Formen der Überlebenskunst, vor denen wir uns sicher wähnen, erlernen werden müssen. Was vor Kurzem in den Ländern des südlichen Europas geschehen ist, ist mehr als eine Warnung …

Abgesehen von der wirtschaftlichen Ausbeutung und Ausgrenzung, von Hyper-Wachsamkeit und Vertreibungen, liegt über den Favela-Bewohnern der Fluch des Zeitgeistes. Während sich einerseits der Zusammenhang zwischen den für die Unterdrückung Verantwortlichen und den Folgen ihrer Handlungen löst, rechtfertigen andererseits die Bedingungen, unter denen die Armen und Marginalisierten leben, selbst die Strafe der Mediengesellschaft. Das Versagen und die Unfähigkeit großer Teile der Bevölkerung, sich in die Welt von Arbeit und Konsum zu integrieren, erklären dann auch, dass sich in Form von Gewalt und Bestrafung all jene Frustration, die mit der Sackgasse des derzeitigen Systems einhergeht, über sie entlädt. Dieses Stigma ist für die Dialektik von Verbrechen und Strafe notwendig. Notwendig, um die politische und unternehmerische „Kaste“ von ihrer Verantwortung zu entbinden. Und notwendig, um die integrierten und gut eingerichteten Gesellschaftsschichten zu beruhigen. Jene, die annehmen, dass sie bereits die Vorzüge der Zugehörigkeit zu einer von Polizei- und Regierungswillkür freien Klasse erreicht haben. Wie jene, die mit der Würde von Enterbten, mit Lidl-Champagner anstoßen, um die eigene Misere des work-consumer-aholics zu vergessen. Die Existenz der Armen und Habenichtse erklärt dann auch, dass seit dem 20. Mai 40 Orte der Stadt São Paulo 24 Stunden am Tag mit 4265 Militärpolizisten unter dem Befehl der Polizei (Comando de Policiamento da Copa) überwacht werden. Und sie rechtfertigt die Unterstützung von 12 von der US-Armee in Afghanistan erfolgreich eingesetzten Anti-Terror - Robotern, die gegen eventuelle Angriffe auf die Arena Corinthians oder die Stadt São Paulo aufgestellt wurden.

Vor diesem Szenario, und bei alldem, ist der Aufstand von Tausenden Brasilianer*innen ein bemerkenswerter Ausdruck des Widerstands und des Wunsches nach Veränderung.

Blatter: Bestie in Menschengestalt?

Die Proteste, die Barrikaden und die „Vandalen“, die das Fernsehen benötigt, haben die Straßen erobert. Die Comités Populares da Copa (Volkskomitee der Meisterschaft) bestehen seit 2009. Das gibt uns eine Idee von dem vorausschauenden Bewusstsein der Bevölkerung. Seit 2009 verschaffen sie sich in den zwölf Austragungsstädten der WM mit der Parole „Es wird keine WM geben!“ Gehör. In jüngster Zeit hat die Bewegung die Schlagworte zu „Wenn wir keine Rechte haben, wird es keine Meisterschaft geben!“ politisiert und verändert, um der Vereinnahmung der Parole von rechts zuvorzukommen.

Die ANCOP (Nationale Koordination des Volkskomitees der Meisterschaft) bringt die sozialen Basisbewegungen, Community-Mitglieder, die von Umzügen betroffen sind, Aktivisten*innen und Kritiker*innen des Stadtumbaus im Rahmen der Fußball-WM 2014 und der Olympischen Spiele 2016 zusammen.

Die Website kann hier (auf portugiesisch) aufgerufen werden. Zum Thema zu empfehlen ist das Dossier: Megaeventos e Violações de Direitos Humanos no Brasil, das die Bewegung Ende 2011 veröffentlicht hat. Vor drei Wochen wurde die aktualisierte Version (auf portugiesisch und englisch) mit Daten und Informationen über soziale, städtische und menschliche Auswirkungen der Gentrifizierung veröffentlicht.

Ein Fußballtrainer sagte in einem seltenen Moment diskursiver Klarheit einmal, dass ein Trainer innerhalb nur weniger Stunden vom Mensch zur Bestie werden kann. Wenn auch karikiert, beschreibt das die menschliche Seite der Pathologie Fußball ganz gut.

Weit komplexer ist die Pathologie der Medien, die antreten, um die Fiktion sozialer Kontrolle aufrechtzuerhalten. Im Schein dieses Spektakels, das durch eine Art Fieber von Besitzanhäufung zustande kommt und das unser Sehen für einen Monat mit reißerischen Bildern kolonialisieren wird, ist es einer der Verantwortlichen für diese immense kollektive Gaunerei, die die Würde von so vielen Einzelpersonen und sogar das Leben von Unschuldigen vernichtet hat, der am Ende vor einem Millionenpublikum den Pokal an die weniger gefährliche Fraktion der Gewinner dieser Geschichte überreichen wird.

Dass ein Jahr nach dem Volksaufstand vom Juni 2013 in Brasilien einige Tausend Anonymer und Prekarisierter auf die Straßen zurückkehren, um die von der herrschenden Klasse auferlegte Misere anzufechten und das für die Massen angefertigte Glücksideal abzulehnen, ist Zeichen eines außergewöhnlich kritischen Geistes.

Die Angst des Zuschauers beim Elfmeter

In der Geschichte des iranischen Jungen ist die Utopie des Fußballs und die Unterbrechung des Traumes von einer Unschuld, die sich in nichts vergleichen lässt mit dem, was in Wirklichkeit in der Welt des Sportes abläuft. Und weniger noch mit der Wirklichkeit der Großereignisse von heute.

Auch lässt sie sich zur sozialen Wirklichkeit in Brasilien nicht allzu leicht in Bezug setzen. Denn jedes Kind, das in der Peripherie von São Paulo oder einer Favela in Rio aufwächst, weiß, dass die (Un-)Möglichkeit einmal ins Stadion oder bloß zu irgendeiner größeren Attraktion zu kommen, kein individueller Luxus, sondern ein kollektiver Albtraum ist. Sie werden nicht nur begreifen, dass das, was für ihre Eltern einmal eine 90-minütige Zuflucht vor der Demütigung des Chefs und der Leistungsgesellschaft war, einen hohen Preis hat. Es wird auch ihr Bedürfnis nach Empörung und das Bewusstsein von den Klassenunterschieden stärken.

In dem Maße, wie dieses gigantische Fußballgeschäft im Land des Fußballs auf Ablehnung stößt, in dem Maße scheint vom ideologischen Glanz der Fiktion der Marketingagenturen FIFA/IOC und der Regierungskabinette etwas auf der Strecke geblieben zu sein.

Weder Pelé noch die FIFA, weder Dilma noch Lula vermögen es gemeinsam zu verhindern, dass ein paar Jungs aus den Favelas, wenn sie ihre Bälle Made in China durch die Gegend kicken, nicht weiter bereit sein werden, an das betrügerische Narrativ der Marke FIFA zu glauben, das die großen Fußballstars in den Werbefilmen der Multinationalen verkaufen.

Im Gegensatz zum einsamen Träumer aus dem Film von Kiarostami wird die brasilianische Jugend weiterhin von den Hügeln und den Favelas herabsteigen um bei schummrigem Licht mit leeren Bäuchen zu dribbeln. Sie werden weiter schwitzen, sich vom Staub aus den Bussen ernähren und ihr Hüftspiel perfektionieren um den von der Polizei markierten Räumen zu entfliehen. Rebellen, die den Ausdruck des ehemaligen Torhüters von Racing Algier, Albert Camus, paraphrasieren könnten: „[Die Kugel] kommt nie aus der Richtung, aus der man [sie] erwartet.“1 Im Moment der Angst des Zuschauers beim Elfmeter werden sie den Ball nach einer perfekten Annahme in Richtung der Bänke und der Fußballasse zielen und beweisen, dass der Fußball im Stadion gestorben ist, weil die Utopie des Lebens weiter auf der Straße lebt.


Aus dem Portugiesischen von: Sarah Lempp und Camilla Elle

1 „Der Ball kommt nie aus der Richtung, aus der man ihn erwartet.“ Änderung in den eckigen Klammern vom Autor.