Urro, Gebrüll

szenische Lesung: das letzte Gebrüll - SOLI

urro

Ilustração: Frank Diersch

... und so forderst du deinen Anteil ein, am Tisch der Menschenfresser, denn auch du verdienst es gefressen und verschlungen zu werden und in Wahrheit willst du nicht sehen dass du um deine Arbeitskraft zu verkaufen,
zuerst
ununterbrochen
überall
im Workshop
in der Bar
am Elternabend
beim Familienessen
deine Freizeit verkaufen musst in Management-Aktien, in Wohltätigkeit für dein Kapital, aber umsonst, klar, für umme, kein Ding Mann, ehrenamtlich, was sonst, du bist eben ein korrekter Typ, du bist multitasking, ein Wunderknabe, jemand nannte das mal Biomacht, du ganz allein, mit deinen in Rating-Agenturen unvergleichlich wachsenden Beschäftigungschancen, schaffst in einem Anlauf den Quantensprung über die Krise Portugals und Griechenlands hinweg, nehmt das!, dein Traum ist es die perfekte Synthese aus Arbeiter und Kapitalist zu werden, von Niederlage zu Niederlage bis zur endgültigen Mobilisierung!, du schaffst es, du hast das Zeug dafür, die Leistungsgesellschaft hat ihre Vorzüge, verdammt, du hast Werte, die anderen wollen doch gar nicht arbeiten, diese Faulenzer, Penner, leben auf Kosten der Anderen, du weißt, wovon du sprichst, dein kosmisches Bewusstsein ist allumfassender als eine Vollversammlung der UNO, jawoll!, die Arbeit ist total schön, oder?, du hast nicht einmal mitbekommen dass die Ideologie des Proletariats seit langer Zeit tot und begraben ist, am fatalen Walzer zwischen Kapitalismus und Marxismus ist sie verreckt, du hättest gern eine geregelte Fabrikruhe im Callcenter, eine würdige Arbeit, erbaulich, du willst Vollzeit ausgebeutet werden und denkst dir bei deinem Sternzeichen und dem chinesischen Tierkreis: dieser Typ ist doch ein Reaktionär, will mich kirre machen, Utopien?

Júlio do Carmo Gomes "Urro - Gebrüll" aus dem Portugiesischen
Pedro Costa und Camilla Elle staged reading mit dem Autor + Inés Burdow

Einrichtung: Inés Burdow und Christoph Kalkowski Bildende Hörraumforschung: Frank Diersch Dienstag, 28. November 2017, 19:30 Uhr AMARCORD,

Eintritt: 7€